Infos zum Film Im Schwitzkasten

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INTERVIEW MIT EOIN MOORE

Was reizte Sie daran, bei „Im Schwitzkasten“ die Regie zu übernehmen?

Weil ich ein paar Jahre keinen Film gemacht, sondern nur Drehbücher geschrieben hatte, wollte ich einfach mal wieder inszenieren und was Schnelleres auf die Beine zu stellen. Die Idee stammt ursprünglich von meiner Freundin Esther Zimmering. Gemeinsam haben wir über Themen nachgedacht und uns ist aufgefallen, dass es eigentlich keine Filme über Arbeitslosigkeit gibt, obwohl das ja die Presse beherrscht. Dann kam die Sauna-Idee dazu und uns gefiel die Vorstellung, mit befreundeten Schauspielern was Schönes zu machen. Also dachten wir uns ein Ensemble aus, setzten ein kleines Skript auf und stellten das dann der Produktionsfirma „moneypenny“ vor, mit der ich ja schon ein paar Filme gemacht hatte.

Wie verlief die Arbeit am Drehbuch, bei dem ja auch die Schauspieler mitgeschrieben haben?

Diese Methode pflege ich schon seit einigen Filmen. Ich schreibe entweder alleine oder mit Co-Autoren am Drehbuch, beteilige aber die Schauspieler an der Entwicklung ihrer Figuren. Wir denken uns dann eben in mehrtägigen Gesprächen eine Biografie, innere Konflikte usw. für die jeweilige Figur aus und fügen diese dann ins Drehbuch ein. Das darf man sich aber nicht so vorstellen, dass alle Schauspieler gemeinsam am Runden Tisch sitzen und das ganze Buch in Gemeinschaftsarbeit entsteht. Ich sehe quasi meine Schauspieler als Quelle und mache mir ihre Fantasie, ihre Ideen zunutze. Normalerweise bringen sich die Schauspieler erst beim Dreh in ihre Rollen ein – ich möchte da schon früher ansetzen. Ich habe mich in dieser Hinsicht von der Arbeitsweise Mike Leighs inspirieren lassen, der ja seine Figuren monatelang mit den Schauspielern entwickelt.

Ist man in Ihrer Heimat Irland auch so Sauna-affin? Gehen Sie gerne in die Sauna?

Ich war mit 19, als ich nach Deutschland kam, zum ersten Mal in der Sauna. 1988 regierte in Irland immer noch die katholische Moral. Als ich dann mit meiner damaligen Freundin und einem befreundeten Paar in deren Keller in der Sauna saß, habe ich mir nur gedacht: „Das hätte ich zu Hause nicht erlebt!“ Seitdem gehe ich regelmäßig in die Sauna. Aber das Erlebnis hat mir noch mehr verdeutlicht, wie rückständig mein Heimatland war. Ich habe mich schon öfter gefragt, warum das Saunen in Irland nicht so eine Rolle spielt, schließlich liegt es doch im Norden. Aber wahrscheinlich fehlt diese winterliche Kälte. Als ich den Text von „Im Schwitzkasten“ übersetzt habe, konnte ich nicht einmal einen englischen Begriff für ‚Aufguss’ finden! Ich habe nach langem Suchen sogar bei einer Firma angerufen, die Saunen vertreibt. Die wussten aber auch keine exakte Übersetzung, also haben wir uns auf „sweat-shock“ geeinigt.

Was waren die größten Schwierigkeiten beim Drehen?

Vor allem die kurze Zeit, die wir zur Verfügung hatten. Von Anfang an waren 20 Tage Dreh festgelegt – bedingt auch dadurch, dass wir die Sauna nur für begrenzte Zeit zur Verfügung hatten. Die Betreiber haben extra für uns Betriebsurlaub gemacht, das erste Mal seit Bestehen! Davon ging eine Woche für die Aufbauten drauf. Dann hatten wir auch noch mit „Murphy’s Law“ zu kämpfen. Steffi Kühnert kam gleich am Anfang mit Blinddarmentzündung ins Krankenhaus. Also mussten wir den ganzen Dreh umwerfen und die Szenen mit ihr, die wir sonst in vier Tagen gefilmt hätten, dann am Schluss in zweieinhalb Tagen drehen. Außerdem ist Edgar Selge auf den Kacheln ausgerutscht und hat sich an einer Metalltür eine große Schnittwunde zugezogen – man hätte ein Zwei-Euro-Stück reinstecken können! Christiane Paul hat als ausgebildete Ärztin gleich erkannt, dass das genäht werden muss. Also trug Edgar danach ein Riesenpflaster auf der Wange und man sieht von da an nur noch seine rechte Seite. Er hat das aber tapfer durch-gestanden und ist erst, als der Schock zwei Tage später eingesetzt hat, im Bett gelegen. Aber seitdem trägt er eine schöne, männliche Narbe auf der Backe!

Sie haben bei „Im Schwitzkasten“ ein ziemlich großes Ensemble zu führen – gab es Schwierigkeiten bei dieser Menge an Leuten?

Ja! (lacht). Schauspieler sind ja meist sehr starke Persönlichkeiten, auch wenn ich einige von ihnen, wie Charly Hübner oder Edgar Selge, zumindest privat schon kannte. Mit Andreas Schmidt hab ich ja schon drei Filme gemacht – er ist ein alter Freund. Aber es sind sieben vollkommen unterschiedliche Persönlichkeiten, so dass ich gerade an den Tagen, an denen alle am Set waren, zum Beispiel in den Sauna-Szenen, schon Schwierig-keiten hatte, alle bei der Stange zu halten. In den Pausen haben einfach alle gleichzeitig gequasselt – sie mochten sich eben – und da musste ich tatsächlich bei all dem Geschnacke manchmal dazwischen brüllen!

Sie arbeiten als Co-Autor, Regisseur und Co-Cutter nun schon seit zwei Jahren an „Im Schwitzkasten“. Wie fühlt man sich, wenn der Filmstart greifbar nah ist?

Eigentlich beginnt der Abschied von einem Projekt für mich schon in der Schnittphase. Am letzten Tag der Tonmischung weiß ich dann, dass die intensive Zeit, die tägliche Arbeit an dem Film vorbei ist. Ich bin also schon seit einem Jahr mit dem Kopf bei anderen Drehbüchern. Für mich war die Premiere in Hof eher ein Wiederentdecken. Ich war sehr nervös und als dann dieser super Empfang vom Publikum war und richtig Partystimmung herrschte, dachte ich mir ‚Hallo Schwitzkasten! Ich bin wieder da!’. So einen Film loszulassen, empfinde ich eher als gutes Gefühl. Es ist auch gut zu wissen, dass die Pressearbeit, der Trailerschnitt, die Plakatgestaltung jetzt in anderen Händen liegt. Da muss man auch Kompetenzen abtreten können und andere entscheiden lassen, selbst wenn man eine unterschiedliche Meinung zu einem bestimmten Punkt haben sollte.

Welche Rolle spielt Berlin als eigener Charakter in Ihrem Film?

Beim Dreh stand es nicht im Vordergrund. Wir wollten kein extra Berlin-Image kreieren. Was wir auf jeden Fall zeigen, ist die Nähe von Regierungsviertel und Kiez.

Wie hat die Finanzierung funktioniert?

Als erstes versucht man ja immer einen Fernsehsender mit ins Boot zu bringen und wir hatten ja schon „Pigs Will Fly“ zusammen mit Lucas Schmidt von der ZDF-Redaktion „Das kleine Fernsehspiel“ realisiert. Normalerweise dürfen junge Regisseure im Rahmen des „Kleinen Fernsehspiels“ nur drei Filme inszenieren. Aber das ZDF suchte genau zu dem Zeitpunkt Leute, die schon für sie gearbeitet hatten und für die Neupositionierung am Mittwoch am früheren Abend noch einmal etwas machen wollten. Das war quasi als „sanfter Einstieg in den Mainstream“ gedacht. Da kamen wir genau zum rechten Zeitpunkt.

Sie leben seit fast 20 Jahren in Deutschland – ist „Im Schwitzkasten“ der Blick eines Außenstehenden auf die deutsche Jammer-Gesellschaft?

In gewisser Weise blicke ich schon von Außen drauf – Deutschland ist eben noch nicht wirklich meine „Heimat“.


95 Min

Jeden Donnerstag wird IM SCHWITZKASTEN zum Gebirgslatschenkiefernaufguss geladen. Die Berliner Sauna der Geschwister Nadine und Jost ist Treffpunkt der „Donnerstagsgruppe“: Toni, der Langzeitarbeitslose, Dani, die Stewardess, Karin, die Ich-Ag-Nervensäge, die idealistische Weltverbesserin Monika und schließlich Norbert, der Goethe-Professor und neoliberale Bundestagsredenschreiber. Gemeinsam wird nicht nur geschwitzt sondern auch die Probleme des Alltags werden diskutiert. Nackte Tatsachen vermischen sich mit Wunschträumen. Während Jost in Zahlungsnot die Biogetränke mit Aldi-Saft verpanscht und Havelmatsch als indische Fango-Packungen ausgibt, träumt manch einer der Gruppe heimlich oder auch ganz offen von seinem Banknachbarn...

Mit viel Humor erzählt IM SCHWITZKASTEN von den Siegen und Niederlagen, den Wünschen und Träumen der Menschen von heute. Der neue Film von Regisseur Eoin Moore („Pigs will fly“) besticht erneut durch seine genaue Alltagsbeobachtung, seine erstklassige Besetzung und die kurzweilige Erzählweise, die auch vermeintlich schwierige Themen mit einem Augenzwinkern meistert.

IM SCHWITZKASTEN trifft den Nerv der Zeit: Schnell gedreht, gut gespielt, clever unterhaltend.