Alles live gesungen in Les Miserables

Bild von Jochen Becker
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Die Inszenierung der großen, dramatischen Geschichte von Les Miserables (ab 21. Februar im Kino) verlangte dem Spiel des Star-Ensembles um Hugh Jackman, Anne Hathaway und Russell Crowe eine ganz besondere Sensibilität ab. Um die Kraft der Story und ihrer Charaktere möglichst authentisch umzusetzen, entschied sich Regisseur Tom Hooper deshalb für eine bahnbrechende Idee: Alle Gesangsnummern sollten live gesungen werden – ein gewagtes Vorhaben voller neuartiger Herausforderungen sowohl für die Stars als auch für die gesamte Produktions-Crew!

„Ich wollte das Risiko eingehen und in einem neuen Genre einmal etwas ganz anderes probieren“, erläutert Tom Hooper seine Motivation für seine völlig neue Herangehensweise. Dabei war ohnehin schon klar, dass die Filmbearbeitung der Bühnenvorlage Probleme mit sich bringen würde. Doch Hoopers Entscheidung, alle Schauspieler vor der Kamera live singen zu lassen, legte die Messlatte noch höher. „Tom wollte die Zuschauer so weit wie möglich mit einbeziehen“, so Produzent Fellner. „Und das Publikum reagiert ganz einfach am unmittelbarsten auf Live-Aufnahmen. Es war das Risiko wert – nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die Anforderungen der Schauspieler, die so den ganzen Tag lang singen mussten.“ Und Musikdirektor Stephen Brooker, der zu den führenden britischen Musiktheater-Dirigenten zählt, ergänzt: „Zweifellos war das der richtige Entschluss. So bekamen die Schauspieler eine echte Chance, sich emotional wirklich intensiv auf den Text einzulassen.“

„Wenn der Schauspieler zum Playback mimen muss“, erklärt Hooper weiter, „kann er nicht mehr spontan agieren, weil er sich millisekundengenau auf einen Plan einstellen muss, der bereits vor Monaten festgelegt wurde. Doch wenn er live singen darf, hat er die Freiheit, die Illusion zu erzeugen, dass die Figur ganz intuitiv reagiert und handelt, was sich ganz intensiv auf den realistischen Eindruck der Darstellung auswirkt. Les Miserables wird so von intensiven Gefühlen geprägt“. Den Schauspielern wurden auf diese Weise mehrere Optionen ermöglicht, die erst während der Performance entstanden. Ein klarer Vorteil im Vergleich zur üblichen Vorgehensweise, die Musik bereits Monate zuvor in einem Tonstudio aufzunehmen.

Unterstützung bekamen die Darsteller von Gesangslehrern, mit denen sie sich jeden Tag vor Drehbeginn vorbereiteten. Am Set bekamen die Schauspieler Ohrstöpsel, über die sie den Pianisten hören konnten, der die Partitur live am Set spielte. Dabei beobachtete der Pianist die Darstellungen per Monitor – so konnten die Schauspieler durch ihre Bewegungen die Einsätze und das Tempo der Melodien selbst vorgeben. Die Stimmen wurden getrennt von der Klavierbegleitung aufgezeichnet, sodass sich in der Endfertigung das Orchester genau nach den Sängern richten konnte.

„Der Entschluss war kühn, aber korrekt“, attestiert Hugh Jackman. „Ich konnte mich auf das Schauspielerische konzentrieren und war nicht gefangen in einer Version, die ich drei Monate zuvor in einem Tonstudio gesungen hatte. Alles wirkte sehr echt und unmittelbar.“ Das bestätigt auch Russell Crowe: „Der Vorteil der Live-Aufnahme: Ich werde emotional nicht eingeschränkt“. Anne Hathaway, die im Film eine herzzerreißende, bravouröse Version des berühmten Songs „I Dreamed a Dream“ performt, sagt zu den Dreharbeiten: „Wir mussten uns nicht nur auf eine ganz neue Arbeitstechnik einlassen, sondern befanden uns auch in Gesellschaft vieler Kollegen, die das ebenfalls erst lernen mussten. Selbst die Crew hatte noch nie einen solchen Film gedreht, und auch der Regisseur machte so etwas zum ersten Mal. Obwohl wir alle unterschiedlich umfangreiche Erfahrungen mitbrachten, waren wir in dieser Beziehung allesamt Anfänger.“

Amanda Seyfried beschreibt ihre Erfahrung so: „Auf Live-Aufnahmen bei Dreharbeiten kann man sich nicht vorbereiten. Bei ‚Mamma Mia!‘ habe ich zwei Tage im Tonstudio verbracht. Wir haben uns unsere Aufnahmen so oft wie nur möglich angehört, um das Timing und das Luftholen auswendig einzuüben, damit die lippensynchronen Bildaufnahmen auch funktionierten. Bei Les Miserables empfand ich es dagegen so, als ob ich das Leben einer Sängerin führen durfte.“ Obwohl Samantha Barks das Musical bereits von ihren Bühnenauftritten her kannte, hatte auch sie heillosen Respekt vor dem Live-Gesang: „Als ich mit ‚On My Own‘ an der Reihe war, habe ich den Song von Anfang bis Ende durchgesungen, und dann kamen immer neue Wiederholungen – es waren wohl 15. Das war für mich eine neue Erfahrung. Auf der Theaterbühne sang ich das Lied einmal am Abend und in acht Aufführungen pro Woche. Doch beim Dreh sang ich es tagtäglich, und zwar den ganzen Tag lang – das erfordert eine ganz andere Disziplin. Da musste man darauf achten, dass man das durchhielt. Aber alle saßen ja im selben Boot.“

Am Ende führte der immense Aufwand, der mit den Live-Aufnahmen verbunden war, zu einem außergewöhnlichen Ergebnis, das nun ab dem 21. Februar im Kino bestaunt werden kann. Regisseur Tom Hooper versichert: „Für die Zuschauer wird es in Les Miserables aufregend zu erleben, wie sich der Live-Gesang auf die Kraft der Geschichte auswirkt!“

Mit Material vonS&L Medianetworx

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