Lohnt sich der Film ELTERN?

Bild von Jochen Becker
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„Meine Mutter sagte, Sohn, dies ist ein Terrorregime. Man wird versuchen dich zu brechen, dich umzuerziehen!“

...nicht gerade die üblichen Textzeilen, die von Kindern im Alter von zehn und fünf Jahren gesungen werden und doch eine authentischen und vor allem eine der spaßigsten Szenen im neuen Film „Eltern“ von Regisseur Robert Thalheim. Eine Kleinfamilie im Auto auf dem Rückweg vom Flughafen, von dem sie gerade ihr neues Aupairmädchen abgeholt haben. Politisch ist der Film von Regisseur Robert Thalheim wenig, aber dennoch thematisiert er einschneidende Veränderungen im Weltbild, halt nur nicht die großen, sondern die alltäglichen im Kreise der Familie.

Wie der einfache Titel schon erkennen lässt, darf der Zuschauer keinen Hollywoodblockbuster erwarten. Dafür wird er jedoch nach allen Regeln des deutschen Kinos bestens unterhalten. Gekonnt inszeniert Thalheim den Spagat zwischen Familie, Beruf und Partnerschaft in einer „modernen Familie“, in der die Mutter als Anästhesistin die Familie ernährt und der Vater nach einer Elternauszeit wieder seinem Beruf als Theaterregisseur nachgehen möchte.

„...heute versuchen wir halt alles auf einmal: das Leben nicht zu verpassen, eine aufregende gleichberechtigte Beziehung zu führen, beiderseits Karriere zu machen und trotzdem eine tolle große Familie mit behütet und gleichzeitig voller Anregung aufwachsenden Kindern zu gründen“, erläutert Thalheim.

Dass dieses Vorhaben Probleme birgt, kann man sich vorstellen. Da stellt sich doch die Frage, warum man ins Kino gehen soll, um sich Probleme anzusehen, die einem gehäuft im Alltag begegnen. Genau hier entfaltet sich das Geheimnis des Films, weshalb er nicht einfach zu irgendeiner deutschen Produktion degradiert werden sollte, sondern es verdient, aufmerksam geschaut zu werden. „Das Konzept war, ähnlich wie in meine anderen Filmen, wieder aus den Menschen heraus zu erzählen, nicht anhand eines spektakulären Plots“, erklärt Thalheim.

Die Charaktere des Films harmonieren miteinander und schaffen es, durch passende Dialoge, aber ebenso durch das Nichtgesagte, Spannung auf zu bauen. Paraschiva Dragus und Emilia Pieske beeindrucken als Kinderdarsteller und verbinden geschickt das Liebenswerte mit dem Nervigen. Auch für die Erwachsenenrollen wurden mit Christiane Paul und Charly Hübner Darsteller gefunden, die schon früher gemeinsam überzeugt haben.

„Da ich Christiane schon von unserer ersten Zusammenarbeit 'Im Schwitzkasten' kannte, freute ich mich sehr darauf, nach so langer Zeit wieder mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen – und diese Freude blieb bis zum letzten Tag. In ihrer forschen, mutigen, hinterfragenden und lebensfrohen Art und mit ihrer Erfahrung ist es ein großer Spaß, mit ihr zu drehen und ich hoffe, dass die nächste Pause kürzer ist.“, so Hauptdarsteller Charly Hübner.

Der Zuschauer ist in „Eltern“ eingeladener Voyeur, der sich mit den Protagonisten identifizieren kann und neugierig darauf wartet, wie die Herausforderungen der ersten Woche Arbeitstätigkeit beider Eltern, Herbstferien und dem zusätzlichen Problem eines schwangeren Aupairmädchens aus Buenos Aires gemeistert werden. Szenen die die humoristischen Facetten des Films unterstützen, wie z. B das Pinkeln in Frischhaltedosen stehen dabei traurigen Szenen, wie dem Tod des Hamsters „Specki“ oder angedeuteten Liaisons gegenüber. Hauptdarstellerin Christiane Paul schätzt die authentischen Facetten des Films: „Die Art und Weise des Drehbuchs, von Robert Thalheim auch selbst geschrieben, erfordert eine große Authentizität und eine Form der Unaufgeregtheit im Spiel, auch um den oft gesehenen Klischees und Schein-Dramen aus dem Weg zu gehen. Und gleichzeitig war das Buch aber auch voller Humor“.

In diesem Sinne ist „Eltern“ ein Film mit veränderten Rollenbilder, Beziehungskonstellationen und Erziehungsidealen, der zwar lediglich auf witzig und melancholisch Weise das alltäglichen Leben zeigt, aber überzeugt, indem er durch seine ausnahmslose Sympathie für die Darsteller und ihrer Inszenierung punktet.

Autor: Jessica Neumayer

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